Keine schnelle Rückkehr in den Klassenraum für die Schüler:innen ab Klasse 5!

Düsseldorf und Bielefeld, 2.März 2021

Der am Donnerstag früh von uns beim Landesverfassungsgerichtshof eingereichte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für Präsenzunterricht an den weiterführenden Schulen wurde mit Beschluss vom 1. März (VerfGH 38/21.VB-2) abgelehnt.

In der Sache selbst hat das Gericht keine Entscheidung getroffen, sondern die Auffassung vertreten, der Rechtsweg sei nicht (mehr) erschöpft und der Antrag mithin unzulässig. „Im Ergebnis kommt die Entscheidung für uns nicht überraschend“, erklärte Dr. Nicole Reese von der Initiative Klage für Bildung. „Erstaunlich sei aber die Begründung, denn das Verfassungsgericht meint u.a., „dass eine vorab einzulegende Normenkontrolle beim OVG NRW nicht offensichtlich aussichtslos sei, denn eine derart gefestigte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, die ein abweichendes Ergebnis bei einer neuerlichen Befassung von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, sei nicht gegeben.“

Angesichts der Tatsache, dass das OVG NRW bisher umfassend das Konzept der Landesregierung unter Verweis auf die sehr, sehr weite Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers gebilligt hat, zur allgemeinen Kontaktvermeidung das öffentliche Lebens vollständig herunterzufahren und in der Folge seit November die Klagen von Friseurinnen, Tattookünstler:innen, Fitneßstudiobetreiber:innen, Golfspieler:innen sowie Schüler:innen abgelehnt hat, stellt sich uns die Frage, ob der Verfassungsgerichtshof mehr weiß als wir und eine Trendwende in der Rechtsprechung des OVG NRW bevorsteht.

Immerhin verweist der Verfassungsgerichtshof darauf, dass es dem Fachgericht überlassen bleiben müsse, bei Änderung der Sach- und Rechtslag, zu beurteilen, „ob die angegriffene Vorschrift mit Blick auf die tatsächliche Entwicklung des Pandemiegeschehens und die dazu vorliegenden fachwissenschaftlichen Einschätzungen noch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt [Hervorhebung des. Verf.]. Auch die Beschwerdeführer führen die weitere tatsächliche Entwicklung des Pandemiegeschehens, insbesondere der Infektionszahlen, die für sie mit fortschreitender Geltungsdauer zunehmenden persönlichen Belastungen sowie neue wissenschaftliche Äußerungen zur Begründung ihres Antrags an.“

Offenbar will der Verfassungsgerichtshof hiermit dem OVG die Chance einräumen, seine Rechtssprechungspraxis zu überdenken, sagt Stefanie Seifert von der Initiative. Eine solche Änderung wäre dringend geboten, denn die Schüler:innen der Sekundarstufe 1 haben seit mehr als 9 Wochen keinen Präsenzunterricht bekommen und seitens der Politik – anders als viele Wirtschaftsbranchen – auch keine verlässliche Öffnungsperspektive erhalten.

Mit der Trendwende lässt sich das OVG NRW jedoch Zeit, denn die seit dem 23. Februar 2021 beim OVG NRW anhängigen Normenkontrollanträge von zwei Schüler:innen der 5. und 7. Klasse auf Präsenzbeschulung sind immer noch nicht entschieden. „Effektiver Rechtsschutz sieht anders aus“, so Nele Flüchter von der Initiative. Ein eigener, neuer Normenkontrollantrag macht für uns derzeit keinen Sinn, da mit einer Entscheidung des Gerichts vor Auslaufen der geltenden Regelung am 7. März 2020 nicht zu rechnen ist.
Sollte der Präsenzunterricht – wovon leider auszugehen ist – über den 7. März hinaus ausgesetzt bleiben, werden wir einen neuen Normenkontrollantrag und Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim OVG NRW einreichen.

„Wir hoffen, dass das OVG NRW – nach unserer erneuten Sachstandsanfrage – sich verantwortungsvoll zeigt und den mehr als anderthalb Millionen Schüler:innen der weiterführenden Schulen in NRW eine schnelle Rückkehr in den Klassenraum ermöglicht. Das gebrochene Versprechen der Landesregierungen und Bildungsminister, dass zuerst die Schulen – für alle Jahrgangsstufen – geöffnet werden, könnte so, wenn nicht eingelöst, aber doch durch die Justiz – zumindest verspätet – durchgesetzt werden“, so Dr. Nicole Reese.

Foto: Tim Mossholder auf unsplash.com