Selbsttests in Schulen: quälend, teuer und nicht zielführend

Dortmund und Düsseldorf, 3. April 2021

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Das Schulministerium des Landes NRW hat am Gründonnerstag darüber informiert, dass nach den Osterferien eine Testpflicht für Schüler eingeführt werde. Diese Tests betreffen Schüler:innen aller Schulformen, einschließlich Förder- und Grundschulen.1 Geplant sei, dass sich alle Schüler:innen zweimal wöchentlich in der Schule selbst testen, Details würden noch bekannt gegeben. Die Elterninitiative #Laut für Familien nimmt zu den geplanten Testungen Stellung:

Tests für Zuhause ohne Pflicht

Aus Sicht von #Laut für Familien gehört die Durchführung von Selbsttestungen generell nicht in die Schule. „Stellen Sie sich vor, ein Kind in der Förderschule soll den Test selbst durchführen. Die Kinder in dieser Schulform haben sehr unterschiedliche körperliche oder psychische Einschränkungen. Aber auch Kinder anderer Schulformen stellt die Testung unter großen psychischen Druck. Nach einem positiven Testergebnis wird das Kind isoliert und wartet möglicherweise über eine Stunde allein zum Beispiel in der Turnhalle auf seine Eltern. Was löst das in diesem Kind aus? Wie fühlt es sich an, wenn man für die Quarantäne einer ganzen Klasse verantwortlich ist und niemand da ist, der einen in den Arm nimmt? Das ist Quälerei“, gibt Nele Flüchter, Gründungsmitglied von #Laut für Familien zu bedenken.

„Bei Testungen in der Schule sind weder Daten- noch Infektionsschutz gewahrt. Alle Kinder im Grundschulalter sollten nach unserer Ansicht dieser Belastung regelmäßiger und anlassloser Tests nicht ausgesetzt werden“, sagt Stefanie Seifert. „Selbsttests bei älteren Schüler:innen an weiterführenden Schulen sollten in jedem Fall freiwillig sein und für die Anwendung zu Hause ausgegeben werden. Nur so können auch der Daten- und Infektionsschutz gewährt und die Jugendlichen vor Stigmatisierung bewahrt werden.“ Auch das RKI weist darauf hin, dass bei derartige Testungen „noch vor Eintritt in die Kontaktgruppe“ erfolgen sollten.2 Denn die regelmäßige Durchführung anlassloser Tests bei asymptomatischen Personen produziert vor allem viele falsch-positive wie auch falsch-negative Testergebnisse wie auch die DGKJ darlegt, ist für den Infektionsschutz mitnichten geeignet.3 Es belastet die Kinder und Jugendlichen über Gebühr und steht darüber hinaus in einem schlechten Kosten-Nutzen-Verhältnis.4

„Sollte eine Testpflicht dennoch seitens des MSB eingeführt werden, fordern wir zum einen altersgerechte sogenannte Spuck- oder Lollytests für die jüngeren Schüler:innen sowie für die Förderschüler:innen und zum anderen müssen diese zur häuslichen Anwendung vor Schulbesuch den Schüler:innen mitgegeben werden“, so Nele Flüchter von der Initiative. Sollte sich herausstellen, dass es wenig positive Testergebnisse in den Schulen gibt, ist eine zeitnahe Einstellung der Testung sinnvoll.

Ungleichbehandlung von Schüler:innen und Arbeitnehmer:innen

Es stellt sich zudem die Frage, warum nun wieder für Schüler:innen strengere Regeln angewendet werden als für Arbeitnehmer:innen. Dies ist bereits in Bezug auf die Maskenpflicht der Fall und wiederholt sich nun bei der Selbsttestpflicht. Die meisten Arbeitnehmer:innen unterliegen keiner Testpflicht, für die Lehrkräfte scheint diese Pflicht auch nicht vorgesehen zu sein.5 „Es kann nicht sein, dass Kinder und Jugendliche fortan in der Schule einer zweimaligen Testpflicht pro Woche unterliegen und trotzdem nur mit einem weiteren Test Zugang zu einem bereits unter Hygieneauflagen realisierten Sport- oder Freizeitangebot haben“, führt Katrhin Dewender, Mitlied von #Laut für Familien aus. Die Zunahme der Fallzahlen bei Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Wochen wurde durch die DGKJ bereits erläutert: Eine Testzunahme in der Altersgruppe der Schüler:innen ist hier ausschlaggebend.

Präsenzunterricht fortsetzen

Die Durchführung der Testungen in der Schule ist auch deswegen nicht hinnehmbar, weil die wertvolle Präsenzzeit zum Unterrichten, und nicht zur Durchführung von Selbsttests genutzt werden muss. Die Initiative #Laut für Familien spricht sich für die Fortsetzung des Präsenzbetriebs nach den Osterferien aus. „Dass Ministerpräsident Laschet die Schulöffnungen in Frage stellt, verunsichert die Eltern der ca. 2,5 Millionen Schüler:innen erneut. Von Verlässlichkeit kann hier keine Rede sein“, zeigt sich Stefanie Seifert von der Initiative besorgt. „Die meisten Jahrgangsstufen an den weiterführenden Schulen waren gerade zwei Wochen im Wechselmodell vor Ort. In einigen Städten und Landkreisen wurden der Präsenzbetrieb gar noch in der Woche vor den Osterferien wieder gestoppt.“

Mehr Informationen finden Sie in unserem Offenen Brief an das Schul- und Gesundheitsministerium des Landes NRW vom 27.03.2021: https://lautfuerfamilien.de/selbsttests-an-schulen

Fußnoten:

1 https://www.schulministerium.nrw/presse/pressemitteilungen/landesregierung-fuehrt-testpflicht-schulen-ein-kuenftig-fuer-alle
2 Seite 6: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/17/Art_01.html
3 https://dgpi.de/kommentar-dgpi-dgkh-schnelltests-schulen/
4 Zusammenfassung des Cochrane-Review zu Selbsttests: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/grosse-unterschiede-bei-schnelltests-124622/seite/2/ https://www.dgkj.de/detail/post/schnellteste-fuer-kinder-und-jugendliche-testverfahren-sinnvoll-einsetzen