„Wir geben nicht auf“ – Verfassungsbeschwerde für inzidenzunabhängige Öffnung der Schulen beim BVerfG eingereicht

Düsseldorf, 06. Mai 2021

Die Initiative #Laut für Familien unterstützt die Verfassungsbeschwerde, die ein Mitglied der Initiative für seine Kinder beim BVerfG eingereicht hat.

„Auch wenn schon 240 Klagen beim Bundesverfassungsgericht eingegangen sind, vermissen wir eine Klage, die als Ziel hat, explizit Verbesserungen für die Kinder zu erreichen“, so Nadine Gährken von #Laut für Familien. Lediglich fünf Verfassungsbeschwerden befassen sich vorrangig mit dem Thema Schule, die meisten richten sich gegen die Ausgangssperre, die zwischenzeitlich vom Bundesverfassungsgericht als voraussichtlich verfassungsgemäß angesehen wurde, insbesondere auch weil der individuelle Eingriff sehr gering sei. „Letzteres dürfte bei der weitgehenden Aussetzung des Präsenzunterrichts kein taugliches Argument sein, schließlich sind die Bildungsdefizite und die Belastungen der Kinder mittlerweile enorm“, so Stefanie Seifert.

„Wir halten die Regelung des § 28b Abs. 3 IfSchG, der Schulschließungen ab einer 165er Inzidenz vorsieht, aus mehreren Gründen für verfassungswidrig. Unseres Erachtens ist das Gesetz schon nicht verfassungsgemäß zustande gekommen, da es an der Zustimmung des Bundesrates fehlt. Zudem halten wir die Ausrichtung allein an Inzidenzen für die partielle oder vollständige Einschränkung von Unterricht generell für untauglich. Erst Recht wenn diese Zahl nicht evidenzbasiert ist, sondern das Ergebnis eines ‚Kuhhandels‘. Überdies, und das dürfte der wichtigste Aspekt sein, ist das Verbot von Präsenzunterricht unter keinen Umständen mehr verhältnismäßig“, erklärt Dr. Nicole Reese.

Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente: „Kinder sind deutlich weniger empfänglich für eine Infektion mit COVID-19, im Falle einer Infektion zeigen sie in den seltensten Fällen schwere Verläufe und haben häufiger asymptomatische Verläufe. Fest steht auch, dass Kinder und Jugendliche auch aufgrund der ergriffenen Hygienemaßnahmen etwaige Infektionen mit einer signifikant geringeren Wahrscheinlichkeit in Schulen und Haushalten weiterverbreiten. Im Gegenzug ist nicht zu rechtfertigen, dass Kindern und Jugendlichen am Beginn ihrer intellektuellen und sozialen Entwicklung bzw. in einer Phase, in der die Weichen für die Zukunft gestellt werden, erhebliche Einschränkungen auferlegt werden, die ihre Bildungschancen nachhaltig beeinträchtigen, sie in ihrer psychosozialen Entwicklung schädigen und Familien in einem noch nie dagewesenen Maße in Mitleidenschaft ziehen.

In der Beschwerdeschrift heißt es u.a.: „Dies gilt erst recht dann, wenn mildere Mittel als die partielle oder vollständige Beschränkung des Zugangs zu Schulen vorhanden sind. (…) So kann in Schulen Maske getragen und gelüftet werden, wobei diese Feststellung auch für den Fall etwaiger Mutationen des Virus gilt. Dass die Hygienekonzepte in der Vergangenheit gewirkt haben, zeigen die in der Beschwerdeschrift genannten Studien. Sie belegen, dass Schulöffnungen keine Auswirkungen auf die Inzidenzen hatten und keine Unterschiede zwischen Bezirken mit Distanz- und Präsenzunterricht bestanden, wobei die IZA-Studie sogar explizit die Hygienekonzepte für das Ausbleiben eines Anstiegs bzw. eine gewisse bremsenden Wirkung verantwortlich machen.“

Die Initiative fordert eine inzidenzunabhängige Öffnung von Schulen und auch Kitas und hofft, dass das Gericht sich nicht von der angststiftenden Berichterstattung und Kommunikation leiten lässt. Sollte die Politik oder das Gericht weitere Maßnahmen als die in der S3-Leitlinie festgelegten für erforderlich halten, wie bspw. Tests, müssen diese als Instrument zur Vermeidung einer Gruppenteilung oder einer vollständigen Schließung der Schule eingesetzt werden, und nicht wie derzeit, als ein Mittel für Schulschließungen.

„Neben dem Thema Schulschließungen wendet sich die Verfassungsbeschwerde auch gegen das weitgehende Sportverbot für Kinder und Jugendliche. Warum gemeinsamer Sport, der für die psychische, physische und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen nach bereits mehr als einem Jahr Pandemie weitgehend beschränkt und für Jugendliche ab 14 Jahren gänzlich verboten ist, ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt Bianca Schultheiß.

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